Betrachtungstext


Hier findet man in der Fastenzeit an jedem Tag neu einen Ausschnitt aus den Lesungen der Tagesliturgie, ein passendes Gedicht und ein paar Anregungen zum Nachdenken. Also: Herzliche Einladung zum täglichen Nachschauen!


Karfreitag


Pilatus sagte zu Jesus: Also bist du doch ein König? Jesus antwortete: Du sagst es, ich bin ein König. Ich bin dazu geboren und in die Welt gekommen, dass ich für die Wahrheit Zeugnis ablege. Jeder, der aus der Wahrheit ist, hört auf meine Stimme. Pilatus sagte zu ihm: Was ist Wahrheit? (Joh 18,37-38)


Wahrheit, wie nicht ich nur meine,

gibt es tatsächlich nur eine.

Wirklichkeiten mag’s im Leben

dem entgegen viele geben.

 

Von der Wiege bis zur Bahre

sind die oftmals nicht „das Wahre“,

und so greift man schon im Leben

manchmal ziemlich arg daneben.

 

Was ist Wahrheit? – diese Frage

stellt sich oft auch unsrer Tage,

und die Antwort, ich beton,

lautet: Jesus, Gottes Sohn.

 

Das musst‘, so sei hier vernommen,

auch Pilatus mitbekommen,

als es Jesus ungebeugt

vor dem Richterstuhl bezeugt.

 

Jesus ist der wahre Zeuge,

und wer Christ sich nennt, der beuge

sich, bis hin auch vor Gericht,

bösen Wirklichkeiten nicht.

 

Das ist, muss man noch bekunden,

freilich auch mit „Kreuz“ verbunden

und damit mit „Leiden“.

Das lässt sich kaum vermeiden.

 

Dennoch, was nicht einerlei:

Jesu Wahrheit macht uns frei,

und so kann man sicher sagen, 

lässt sich Kreuz und Leid ertragen.

 

Wer nun noch nach der Wahrheit fragt,

dem sei deutlich hier gesagt,

was uns Jesu Kreuz erzählt:

Gott liebt uns und auch die Welt!

 

Es sei zugegeben, dass man hier im Sinne eines „Johanneischen kreisenden Denkens“ noch viele Gedanken anknüpfen und ihnen folgen kann, und es sei empfohlen, das in der Stille nach der Karfreitagsliturgie und am Karsamstag, der so genannten „Grabesstille“, zu tun. Eigentlich muss man dann unweigerlich zu der vielleicht vorher für einen fraglichen Erkenntnis kommen, dass im Kreuz Jesu und der darauffolgenden Auferstehung das Heil zu finden ist, und dass wir deshalb dieses Kreuz verehren und bereit sind, das eigene in der Nachfolge Jesu auf uns zu nehmen. Damit stoßen wir auf eine Wahrheit, die vielleicht zunächst wehtut, für die aber sicher gilt, was Jesus in einem anderen Zusammenhang gesagt hat: „Ihr werdet die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch frei machen.“ (Joh 8,32)